Die Sage von der Knödelwerferin
Als einer der Belagerer als Späher über die Stadtmauer lugte und erwartete, geschwächte, ausgehungerte Verteidiger vorzufinden, traf ihn ein großer Knödel im Gesicht, so dass er den Halt verlor und in den Stadtgraben fiel. Eine treusorgende Ehefrau, die aus Vorratsresten Knödel geformt hatte und sie gerade ihrem Mann auf der Stadtmauer bringen wollte, erkannte die Situation blitzschnell und handelte geistesgegenwärtig. Ihr Wurf rettete die Stadt vor weiterer Belagerung und Übernahme, da der Kundschafter wahrheitsgemäß berichtete, dass die Stadtbewohner nicht auszuhungern wären. Sie verfügten noch über so viel Essen, dass sie damit werfen konnten. Die Belagerer zogen resigniert ab.
Es scheint, als sei diese Sage uralt. In Wirklichkeit ist sie erst um 1900 entstanden. Am Deggendorfer Rathaus befinden sich nämlich von Alters her zwei Steinkugeln, die von Handwerksburschen auf ihrer Wanderschaft als Wahrzeichen Deggendorfs angesehen wurden. Wer sie nicht gesehen hatte, war nicht in Deggendorf. Den Deggendorfern gefiel nicht, dass man diese Kugeln mit mangelnder Kochkunst der Deggendorfer Hausfrauen in Verbindung brachte. Die Deggendorfer Knödel seien – sagte man spöttisch – groß wie Kindsköpfe und steinhart. So wurden die Kugeln am Rathaus, die eigentlich Schandkugeln waren, zu Kanonenkugeln erklärt, die an eine Belagerung der Stadt erinnerten. Nachträglich wurde ein historisches Ereignis dazu gesucht, das es so aber gar nicht gegeben hatte.
Obwohl die Sage von den Deggendorfer Knödeln relativ jung ist, wird sie von den Deggendorfern geliebt. Wie eine uralte Legende hat sie viele Veränderungen durchgemacht, wurde durch immer neue Details ausgeschmückt und wird von verschiedenen Autoren noch immer unterschiedlich erzählt. Durch die Einführung einer Frau als Hauptperson, die durch einen simplen Knödelwurf die Stadt mit gleichsam unmilitärischen Mitteln vor der drohenden Eroberung und Zerstörung rettete, gewann sie jedoch eine besonders sympathische Note.
Die Deggendorfer Knödel wurden so zu einem echten Wahrzeichen der Stadt mit wachsendem Werbe- und Wiedererkennungseffekt, besonders im Fremdenverkehr.